„… Der mit dem 1. Preis ausgezeichnete Entwurf, der hier vorne zu sehen ist, von Roland Fuhrmann mit dem Titel ZUSAMMENHALT, zeigt eine Mischung aus feingliedrig eingefärbten Stelen und einem Bild, das man als Anamorphose allerdings nur von einem einzigen Standpunkt aus erkennen kann, der sich innerhalb der Sicherheitszone, also hinter dem gut bewachten Zaun befindet – da müssen Sie aber erst einmal hineinkommen!
Ich weiß wovon ich rede, denn ich habe nach dem Ende der Jurysitzung im Bundesministerium des Inneren einmal versehentlich den Besucherausweis mitgenommen und bin dann einen halben Tag als schusseliges Sicherheitsrisiko durch Berlin gewandelt, bis ich ihn mit dem Taxi wieder abgeliefert hatte.
Der prämierte Entwurf ist damit einer der wenigen, wenn nicht der einzige Entwurf, der den Passanten auf den Wegen außerhalb des Zaunes einen ganz anderen Anblick bietet, als den Benutzern des umzäunten Gartens selber. Den Gartenbesuch macht er zum Ereignis, denn jede Anamorphose aktiviert in uns eine Art ikonische Freude über den überraschenden Zusammenschluss von Disparatem, wie man ihn im realen Leben selten genug erlebt. Disparat ist aber auch jede Gesellschaft, die sich nicht als Gemeinschaft oder als Volk homogenisieren will, und so macht das anamorphotische Bild hier einen ganz besonderen Sinn, denn es will den Mitarbeitern und Besuchern des BMI auch die Verschiedenheit von Lebensentwürfen, Herkünften und Erscheinungsbildern von Menschen visuell anschaulich halten, die hier wie in einem Zufallsbild zusammengeführt stehen. Das ist sozusagen die exemplarische Klientel des BMI, die nun bald dort im Garten zu sehen sein wird, während lebendige Vertreter der selben Klientel außerhalb des Zaunes vorbeiflanieren werden, ohne allerdings mehr zu sehen, als ein ansprechendes abstraktes Stelen-Arrangement – das hat eine gewisse Exklusivität, aber auch Witz.
Wenn Sie also, meine Damen und Herren, die prämierte Arbeit einmal ganz sehen wollen, dann besuchen Sie den Tag der offenen Tür, den das BMI jährlich veranstaltet, um in den Genuss der Anamorphose zu kommen – aber vergessen Sie bitte anschließend nicht, Ihren Besucherausweis wieder abzugeben.“ Prof. Dr. Walter Grasskamp